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Tibet-Information der GSTF vom 6. Juni 2014

4 Jahre nach dem Erdbeben von Yushu: „Profitiert haben die Mächtigen und Gierigen“

Ein Reporter der New York Times konnte die Präfektur Yushu besuchen, die vor 4 Jahren von einem Erdbeben der Stärke 7.1 heimgesucht worden war. Die Zahl der Todesopfer wird auf über 3‘000 geschätzt, und mehr als 100‘000 Bewohner, zu 97% Tibeter, wurden obdachlos. Der Eindruck von dem Wiederaufbau fällt zwiespältig aus.

Auf der einen Seite hat die Zentralregierung in Beijing umgerechnet fast 7 Milliarden Franken für den Wiederaufbau zur Verfügung gestellt, so dass neue Häuser, Schulen, Regierungsgebäude, mehrere Museen und sogar ein Zentrum für Darstellende Künste entstanden. Auf der anderen Seite beklagen sich die Tibeter, dass die Gelder nur denjenigen mit „guten Verbindungen“ zugute kamen und die ohnehin grassierende Korruption noch verstärkt hätten. Mitglieder der Kommunistischen Partei und Regierungskader lebten nun in grossen Apartments, während tibetische Familien sich manchmal zu zwölft eine aus Fertigteilen zusammengesetzte Dreizimmer-Wohnung teilen müssen. Die Mönche des Jiegu-Klosters leben nach wie vor in Zelten, nachdem der Bautrupp im letzten September schlagartig die Baustelle für neue Behausungen verliess, als das Geld ausging.

Auch Han-Chinesen beklagen sich über Fehlplanungen wie fehlende öffentliche Toiletten, die bei der Planung vergessen wurden, Unterbrüche in der Stromversorgung und exorbitante Mieten. Viele chinesische Migranten wurden für den Wiederaufbau aus den Nachbarprovinzen angelockt, sind jetzt aber mittellos, weil die versprochenen Zuschüsse ausblieben.

Im April waren laut einem Informanten von Radio Free Asia mehrere tibetische Ziegeleien von den Behörden zerstört worden. Die Betroffenen behaupten, dass die Betreiber von han-chinesischen Ziegeleien die Behörden bestochen haben, um damit unliebsame Konkurrenz bei Aufträgen für den Wiederaufbau auszuschalten.

Geplant war, Yushu nach dem Erdbeben von einem Handelsplatz für tibetische Nomaden zu einem Tourismuszentrum umzugestalten, jedoch blieben die Touristen bis jetzt aus. Keines der neu gebauten Museen hat bis jetzt geöffnet.

Unmittelbar nach dem Erdbeben hatten in der sehr entlegenen Stadt zunächst Mönche mit den Rettungsarbeiten begonnen und zum Teil mit blossen Händen in den Trümmern nach Lebenden gesucht. Nachdem offiziell entsandte Rettungstrupps eintrafen, wurden die Mönche davongejagt, weil sich das nicht mit dem offiziellen Bild der „faulen“ und auf Kosten der Allgemeinheit lebenden Mönche vertrug [vergl. Tibet-Information vom 23. April 2010; UM]. Die Rettungstrupps posierten dann vor laufenden Fernsehkameras und zogen, nicht selten höhenkrank, gleich wieder ab [vergl. Tibet-Information vom 4. Mai 2010; UM]. Später protestierten Tibeter gegen Zwangsenteignungen von Land und Häusern an attraktiven Lagen, weil diese Platz machen sollten für den Bau von Regierungsgebäuden, Hotels und Shopping Malls [vergl. Tibet-Information vom 13. April 2011; UM].

Religiöse Aktivitäten im heiligen Monat eingeschränkt

Die Behörden haben im für Buddhisten heiligen Monat, dem vierten Monat des tibetischen Mondkalenders, das Reisen für religiöse Aktivitäten stark eingeschränkt. Am 15. Tag dieses Monats, der auf den 15. Juni fällt, wird das Saka Dawa Fest begangen, das an Geburt, Erleuchtung und Eingang Buddhas in das Nirwana erinnert.

Die Region um den heiligen Berg Kailash in Westtibet ist für Touristen und Pilger gesperrt. Regierungskadern wurde befohlen, von April bis September keinen Urlaub zu nehmen, ansonsten könnten sie ihre Arbeit verlieren. Tibeter, die zur Kalachakra-Zeremonie, die am 4. Juli im indischen Ladakh vom Dalai Lama durchgeführt wird, reisen wollen, erhielten eine Warnung, dass ihnen ihre Wohnsitzregistrierung entzogen würde.

Quellen: New York Times; Radio Free Asia
Zusammengestellt und redigiert von Dr. Uwe Meya

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